Was ist JIU JITSU?

JIU JITSU ist ein umfassendes, aus Japan stammendes Kampfsystem, bei welchem Wurftechniken (Nage waza), Grifftechniken (Katame waza) und Schlagtechniken (Atemi) eingesetzt werden können, wobei in den hunderten verschiedenen Schulen (Ryu) und Stilrichtungen (Ryu-ha) unterschiedliche Technikgruppen bevorzugt werden. So ist etwa die Tenshin shinyo ryu vor allem für ihre Atemi und Festlegetechniken (Torae waza) bekannt, während Nage waza eine Spezialität der Kito ryu darstellen und die Daito ryu viele Gelenkhebeltechniken (Kansetsu waza) lehrt. Ursprünglich war JIU JITSU unter verschiedenen Bezeichnungen (Aiki [ju] jutsu, Hakuda, Kempo, Kogusoku, Koshi no mawari, Kumi uchi, Tai jitsu, Torite, Shubaku, Yawara etc.) ein Ausbildungsbestandteil der verschiedenen Kampfschulen der japanischen Ritterklasse (Bushi, Samurai), neben den in der jeweiligen Schule gelehrten Waffentechniken.

Erst mit der Öffnung vieler Ryu auch für das "gewöhnliche" Volk (Heimin) aufgrund der politischen Veränderungen der Tokugawa-Zeit (1603 - 1867), entstanden auch viele Schulen, deren Lehrplan hauptsächlich waffenlose Nahkampftechniken enthält. Zur gleichen Zeit kam auch der Ausdruck "JIU JITSU", als eine Art Sammelbezeichnung für Methoden des Nahkampfs, welche mehr oder weniger ausgeprägt die Angriffsenergie entsprechend dem Prinzip "Ju yoku go o sei suru" (das Weiche überwindet das Harte - "Siegen durch Nachgeben") zu ihrem Vorteil nutzen, in Gebrauch. Innerhalb der Schulen selbst wurden meist weiterhin die alten, oder vom Gründer (Shodai) neu gewählte Bezeichnungen verwendet.

Heute wird JIU JITSU bei verschiedenen Militär- und Polizeieinheiten in seiner ursprünglichen Bedeutung als militärisches Nahkampfsystem, bzw. zur Erfüllung von Polizeiaufgaben eingesetzt, oder als zivile Selbstverteidigungsmethode gelehrt (Bugei, (Ko-) Bujutsu). Ebenfalls aus dem Japan des 17. Jahrhundert stammt der Aspekt des (Ko-) Budo, bei welchem man ein Kampfsystem, mehr oder weniger losgelöst von den praktischen Anwendungsmöglichkeiten, vor allem als Mittel der Persönlichkeits- und Charakterschulung übt. Viele Schulen, Systeme und Organisationen, die dem "modernen" Budo (Shinbudo, Gendai Budo) zugerechnet werden - das sind jene Richtungen, welche erst nach der Meiji-Restauration (1867), die das Ende des Feudalsystems, der durch den Shogun geführten Militärregierung Bakufu und auch der Kriegerklasse der Bushi oder Samurai bedeutete, entstanden sind - betreiben ihr Kampfsystem auch als (Wettkampf-) Sport. Alle diese Aspekte existieren nebeneinander, und werden in den verschiedenen Schulen und Organisationen unterschiedlich stark betont.

JIU JITSU ist auch die Quelle vieler neuer Kampfsysteme und Kampfsportarten. So entwickelte KANO Jigoro Ende des 19. Jahrhunderts das mittlerweile zur olympischen Disziplin gewordene (Kodokan-) JUDO vor allem aus den JIU JITSU Schulen Tenshin shinyo ryu und Kito ryu. UESHIBA Morihei schuf sein AIKIDO in erster Linie aus dem Daito ryu aiki ju jutsu, und schließlich haben auch etliche Stilrichtungen des KARATE, welches generell allerdings eine andere Geschichte hat, ihre Wurzeln im JIU JITSU. Von den prominenteren Stilrichtungen ist hier vor allem das Wado ryu karate zu nennen, dessen Gründer OTSUKA Hironori Meister des Yoshin ryu jiu jitsu kempo war.